Zusammenfassung des Urteils Nr. 60/2002/5: Obergericht
Eine Person und ihre Kinder verloren ihre Jahresaufenthaltsbewilligungen, die abgelaufen waren, und wurden aufgefordert, die Schweiz zu verlassen. Trotz eines Antrags auf Wiedererwägung wurde entschieden, dass kein Anspruch darauf bestehe, da keine neuen relevanten Fakten vorlagen. Die Beschwerdeführerin berief sich auf einen erweiterten Wiedererwägungsanspruch aus dem Sozialversicherungsrecht, der jedoch im Ausländerrecht nicht anwendbar ist. Da sich die Umstände nicht wesentlich geändert hatten, wurde der Antrag auf Wiedererwägung abgelehnt, und die Beschwerde wurde ebenfalls abgewiesen.
Kanton: | SH |
Fallnummer: | Nr. 60/2002/5 |
Instanz: | Obergericht |
Abteilung: | - |
Datum: | 26.07.2002 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Art. 29 Abs. 1 BV. Anspruch auf Wiedererwägung einer Verfügung im Ausländerrecht |
Schlagwörter : | Wiedererwägung; Verfügung; Anspruch; Sozialversicherungsrecht; Ausländeramt; Verfahren; Ausländerrecht; Entscheid; Tatsachen; Verwaltung; Recht; Rechtsprechung; Schweiz; Anlass; Besonderheit; Gesuch; Umstände; Beweismittel; Hinweisen; Wiedererwägungsanspruch; Verwaltungsrecht; Obergerichts; Grundsätzen; Erwägungen:; Jahresaufenthaltsbewilligungen; Kinder |
Rechtsnorm: | Art. 29 BV ; |
Referenz BGE: | 124 II 6; 126 V 400; |
Kommentar: | - |
Im Ausländerrecht richtet sich der Anspruch auf Wiedererwägung einer Verfügung nach den allgemeinen Grundsätzen und nicht nach der weitergehenden Rechtsprechung im Sozialversicherungsrecht.
Aus den Erwägungen:
3.- Das Ausländeramt stellte mit Verfügung vom 15. Mai 2001 fest, dass die Jahresaufenthaltsbewilligungen der Beschwerdeführerin und ihrer Kinder am 14. Oktober 2000 abgelaufen und somit erloschen seien. Es wies die Betroffenen an, die Schweiz bis 31. August 2001 zu verlassen. Diese Verfügung ist unangefochten geblieben.
Am 7. November 2001 stellte die Beschwerdeführerin ein Wiedererwägungsgesuch. Das Ausländeramt stellte darauf mit Schreiben vom 14. November 2001 fest, die Verfügung vom 15. Mai 2001 sei rechtskräftig, weshalb kein Anspruch auf Wiedererwägung bestehe. Mangels neuer erheblicher Tatsachen Beweise habe es keinen Anlass, einen neuen Sachentscheid zu treffen.
Die allgemeinen Verfahrensgarantien von Art. 29 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV, SR 101) umfassen auch den Anspruch, dass eine Sache überhaupt behandelt wird (Abs. 1).
Eine Besonderheit besteht dann, wenn eine rechtsuchende Person schon einen Entscheid erwirkt hat, nun aber bei derselben Behörde dessen Wiedererwägung verlangt.
Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung besteht eine behördliche Pflicht, auf ein entsprechendes Gesuch einzutreten, wenn die Umstände sich seit dem ersten Entscheid wesentlich geändert haben, wenn der Gesuchsteller erhebliche Tatsachen und Beweismittel namhaft macht, die ihm im früheren Verfahren nicht bekannt waren die schon damals geltend zu machen für ihn rechtlich tatsächlich unmöglich war keine Veranlassung bestand (BGE 124 II 6 E. 3a mit Hinweisen).
Die Beschwerdeführerin beruft sich indessen auf den weitergehenden Wiedererwägungsanspruch, wie ihn das Eidgenössische Versicherungsgericht für das Sozialversicherungsrecht entwickelt hat. Danach kann im Sozialversicherungsrecht die Verwaltung eine formell rechtskräftige Verfügung, welche nicht Gegenstand materieller richterlicher Beurteilung gebildet hat, in Wiedererwägung ziehen, wenn sie zweifellos unrichtig und ihre Berichtigung von erheblicher Bedeutung ist (BGE 126 V 400 E. 2b/aa mit Hinweisen).
Dabei handelt es sich aber um eine sozialversicherungsrechtliche Besonderheit. Denn die Wiedererwägung im Sozialversicherungsrecht ist auf die dortigen Verfahren zugeschnitten, die bei erheblicher Tragweite für die Betroffenen routinemässig und in grosser Vielzahl erledigt werden, und unter dem Leitgedanken des gesellschaftlichen Ausgleichs stehen. Diese Häufung besonderer Gesichtspunkte fehlt in aller Regel im allgemeinen Verwaltungsrecht, wozu auch das Ausländerrecht gehört. Es besteht daher kein Grund, diesen weitergehenden Wiedererwägungsanspruch auch auf das allgemeine Verwaltungsrecht auszudehnen. Vielmehr ist der Anspruch auf Wiedererwägung nach den allgemeinen Kriterien zu beurteilen.
Im vorliegenden Fall ist nicht zu sehen, dass sich die Umstände in der Zeit zwischen der Verfügung des Ausländeramts vom 15. Mai 2001 und der brieflich abgefassten Nichteintretensverfügung vom 14. November 2001 wesentlich geändert hätten. Ebensowenig macht die Gesuchstellerin erhebliche Tatsachen und Beweismittel namhaft, die ihr im früheren Verfahren nicht bekannt waren die schon damals geltend zu machen für sie rechtlich tatsächlich unmöglich war kein Anlass bestand. Verhält es sich aber so, hatte die Beschwerdeführerin keinen Anspruch auf Wiedererwägung. Daher ist das Ausländeramt korrekterweise darauf nicht eingetreten, und der Regierungsrat hat den dagegen gerichteten Rekurs zu Recht abgewiesen. Damit ist auch die vorliegende Beschwerde unbegründet, weshalb sie abgewiesen werden muss.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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